Bewertung
Diese Bewerbung wurde vom Welterbekommitee in
Betracht gezogen.
Beobachtungen von ICOMOS
Das Gebiet, dass für die Einschreibung in
die Welterbeliste nominiert worden ist, ist dasjenige von drei originalen
Siedlungen, die im Mittelalter miteinander verbunden wurden, um die Stadt
Bamberg zu bilden. Während ICOMOS anerkennt, dass sich über das gesamte
Gebiet frühmittelalterliche Straßenstrukturen erstrecken und dass dort
ausgedehnte, ungestörte archäologische Fundstätten vorhanden sind, ist
ICOMOS besorgt über die Tatsache, dass wesentliche Teile des nominierten
Gebietes ausschließlich Nachkriegsbauten enthalten. ICOMOS ist aus diesem
Grunde der Meinung, dass die vorgeschlagene Welterbe-Stätte auf jene Gebiete
beschränkt werden sollte, in denen ein bedeutender Anteil von historischen
Strukturen erhalten ist. Darüber hinaus sollte der Name der vorgeschlagenen
Welterbe-Stätte auf "Das Historische Zentrum von Bamberg" geändert
werden.
Fünf Mitglieder des ICOMOS-Büros haben
persönliche Kenntnis von Bamberg.
Hintergrund
Die Stätte
Die Grafen von Babenberg hatten eine Burg auf
dem Berg, um welchen herum Bamberg sich in spätkarolingischer Zeit
entwickelte. Die Burg gelangte 906 in königlichen Besitz und wechselte dann
zu den Herzögen von Bayern. Als Heinrich II, Herzog von Bayern, 1007 König
von Deutschland wurde, machte er Bamberg zum Sitz eines Bistums in der
Absicht, dass es "ein zweites Rom" werde. Es spielte eine bedeutende
Rolle als eine Verbindung mit den slawischen Völkern Osteuropas, insbesondere
im heutigen Polen und Pommern. Die Stadt wurde entsprechend den
mittelalterlichen Planungsregeln als ein Kreuz angelegt, mit den Kirchen von
St. Michael, St. Stephan, St. Gangolf und St. Jakob in den vier
Himmelsrichtungen.
Mit der Ankunft von Bischof Otto I wurde
Bamberg der Sitz eines mächtigen Fürstbistums im frühen 12. Jahrhundert.
Dies markierte den Beginn einer Periode großen Wohlstandes, wie sich in der
großzügigen Wiederherstellung des Doms im frühen 13. Jahrhundert zeigt.
Dieser Wohlstand dauerte bis in das späte Mittelalter an, unterstützt durch
die Tatsache, dass Bamberg sowohl der Ausgangspunkt für die Mainschifffahrt
als auch ein angesehenes kulturelles Zentrum war.
Das späte 17. und frühe 18. Jahrhundert sah
eine beachtliche kulturelle Blüte, repräsentiert durch Künstler wie
Dientzenhofer und Balthasar Neumann. Diese kulturelle Rolle wurde sogar im
späten 18. Jahrhundert noch wichtiger, als Bamberg unter Fürstbischof Franz
Ludwig von Erthal das Zentrum der süddeutschen Aufklärung wurde. Diese
geistige Vormachtstellung dauerte auch an, nachdem Bamberg 1803 an den
Herrscher von Bayern abgetreten worden war, beispielsweise durch so berühmte
Schriftsteller wie Hegel und Hoffmann.
Bamberg wurde während der Industrialisierung
des 19. Jahrhunderts nicht von irgendeiner größeren Erweiterung betroffen;
seine wirtschaftliche Basis blieb der Handel, vor allem mit Hopfen. Es wird
als der Geburtsort der ersten demokratischen Verfassung in Deutschland nach
dem Ersten Weltkrieg in Erinnerung bleiben.
Das für die Aufnahme in die Welterbeliste
vorgeschlagene Gebiet umfasst die drei Siedlungszentren, die sich verbanden,
als die Stadt gegründet wurde. Diese sind die Bergstadt mit dem Dom und der
Domfreiheit, der früheren Residenz des Fürstbischofs und dem bürgerlichen
Gebiet mit der Pfarrkirche "Unsere liebe Frau" und der früheren
Weinbauernsiedlung; die Inselstadt, gebildet durch die beiden Arme der Regnitz,
die im 12. Jahrhundert gegründet wurde mit einem Markt und einer
vorstädtischen Siedlung; und die Theuerstadt, ein spätmittelalterliches
Gelände von Gemüsegärten mit verstreuten Häusern und weiten offenen
Räumen, welche ihren Charakter bis in die Gegenwart bewahrt hat.
Qualitäten
Bamberg ist ein gutes Beispiel einer
zentralen europäischen Stadt mit einem im wesentlichen frühmittelalterlichen
Grundriss und vielen bewahrten Gebäuden. Von besonderem Interesse ist die Art
und Weise, wie die gegenwärtige Stadt die Verbindung zwischen Landwirtschaft
(Weinberge, Hopfengärten, Gemüsegärten) und Gliederung des Stadtkern
widerspiegelt. Die Stadt hat frühe kulturelle Verbindungen nach Osteuropa.
Ihre Architektur hatte erhebliche Einflüsse auf Norddeutschland und Ungarn
während der Gotik, während ihr barockes Element aufs Engste mit den
Entwicklungen in Böhmen verknüpft ist.
Authentizität
Die Straßenverläufe der drei historischen
Kernbereiche haben ihre mittelalterlichen Strukturen bewahrt. Die vielen
historischen Gebäude in diesen Bereichen scheinen, beurteilt nach den
umfangreichen Anlagen, die mit der Bewerbung vorgelegt wurden, authentisch zu
sein.
Management und Konservierung
Das historische Zentrum von Bamberg ist in
einer Ausdehnung von rund 250 ha nach dem Bayerischen Denkmalschutzgesetz
geschützt und unterliegt der Aufsicht der Unteren Denkmalschutzbehörde der
Stadt.
Seit 1973 arbeitet Bamberg mit Lübeck und
Regensburg in der gemeinsamen Erforschung der Erhaltung historischer Städte
zusammen. Drei Jahre später wurde die Empfehlung einer Untersuchung über die
Erhaltung Bambergs vom Stadtrat angenommen und neun Sanierungsgebiete wurden
ausgewiesen. Der strategische Plan von 1987 für Bamberg enthält klar
definierte Ziele für die Erhaltung der Stadt.
Seit 1958 besteht ein ständiges Programm zur
Restaurierung von historischen Anwesen und Gebieten. Dieses (das
"Bamberger Modell") verfährt stärker durch eine Serie von kleinen
Projekten als durch große, ambitionierte Projekte, aber das Ergebnis nach 35
Jahren ist, dass der Grad der Konservierung in der Stadt einheitlich hoch ist.
ICOMOS, April 1992